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Überwachungsinstrument oder Heilsbringer: Warum werden „Contact Tracing Apps“ nicht reger genutzt? Eine Analyse aus den deutschsprachigen Ländern

Vergleich der SolPan-Studienergebnisse über den Erfolg der Contact Tracing Apps im deutschsprachigen Raum (DACH-Länder)

Der Original-Blogpost wurde auf der Homepage der Technischen Universität München veröffentlicht: http://www.get.med.tum.de/solpan 

 In Österreich wurde bereits im März 2020 eine Bluetooth-basierte „Contact Tracing App“ (die Stopp Corona app) zur Kontaktverfolgung im Rahmen von COVID-19 eingeführt, um die COVID-19-Eindämmungsstrategien der Behörden zu unterstützen. In der Schweiz wurde eine ähnliche „SwissCovid app“ und in Deutschland die „Corona Warn App“ im Juni 2020 gestartet.

In Contact Tracing Apps wurden große Hoffnungen gesetzt, schneller zur Normalität zurückzukehren und die Pandemie effektiv und nachhaltig einzudämmen. Die Nutzerzahlen waren jedoch in allen Ländern geringer als ursprünglich erwartet: Obwohl in Umfragen im Frühling 2020 bis zu 70% der Befragten der Nutzung einer solchen App zugestimmt waren, betrug die tatsächliche Nutzung Ende 2020 nur 31% (Schweiz), 25% (Deutschland) und 12% (Österreich) der jeweiligen Bevölkerung.

In dieser Studie haben wir deswegen untersucht: (1) wie Menschen in Deutschland, Österreich und der deutschsprachigen Schweiz digitale Kontaktverfolgungs-Apps während der ersten Pandemiewelle konzeptualisiert und bewertet haben; (2) wie solche Anwendungen in Zeitungen beschrieben wurden; (3) ob es Unterschiede gab zwischen Deutschland, Österreich und der deutschsprachigen Schweiz; und wie sich die Konzepte und Einschätzungen der Menschen mit öffentlichen Diskussionen überschnitten haben. Dafür haben wir im April 2020 insgesamt 110 Erwachsene, die in den teilnehmenden Ländern wohnen, interviewt und zu ihrer Meinung zu Contact Tracing Apps und mobilem Tracking befragt. Ausserdem wurde die Zeitungsberichterstattung über Kontaktverfolgungs-Apps von Mitte März bis Anfang Mai im deutschsprachigen Raum ausgewertet.

Sowohl die Interviewteilnehmenden als auch die Zeitungsberichterstattung in allen drei Ländern konzeptualisierten Contact Tracing Apps als staatliche Überwachungsinstrumente und betteten sie in einen breiteren Kontext der technologischen Überwachung ein. Die Teilnehmenden identifizierten mehrere Voraussetzungen, die die Apps erfüllen müssten um in einer Demokratie genutzt werden zu können: Vertrauen in Behörden, die Achtung der Privatsphäre des Einzelnen, Freiwilligkeit und die zeitlich begrenzte Nutzung der Contact Tracing Apps. Die Zeitungsberichterstattung verstärkte diese Konzepte und reagierte auf politische Diskussionen und Updates zur App-Entwicklung. Basierend darauf könnte die tiefe Nutzerzahlen der Contact Tracing Apps auf die erwartet hohen Risiken für die Privatsphäre zurückzuführen sein, die nicht durch potenzielle Vorteile kompensiert werden und die in einer tiefergehenden Skepsis gegenüber digitalen Werkzeugen wurzeln. Wenn Behörden in Zukunft weitere digitale Tools und Praktiken einführen, sollten sie sehr transparent und proaktiv die Ziele und den Beitrag der Technologie kommunizieren. Es ist auch wichtig, ethische, rechtliche und soziale Fragen im Zusammenhang mit solchen Technologien vor ihrer Einführung öffentlich anzusprechen und zu lösen.

 

 

Die Ergebnisse der Studie wurden im Detail in der Fachzeitschrift JMIR publiziert: https://doi.org/10.2196/25525 (in englischer Sprache)

Die Studie entstand als Teil des SolPan Konsortiums und wurde mitverfasst von Dr. Amelia Fiske, Prof. Barbara Prainsack, Dr. Nora Hangel, Dr. Stuart McLennan und Prof. Dr. Alena Buyx.

Bei Fragen kontaktieren Sie bitte die Studienleiterin in Deutschland: Prof. Alena Buyx (E-Mail: medizinethik.med@tum.de)

 

 

 

Bild von Markus Winkler auf Pixabay