(Kopie 2)

Mehr als Befürworter und Gegner: Haltungen gegenüber COVID-19 Impfstoffen vom Oktober 2020

Eine hohe Impfquote ist für die Bewältigung der laufenden COVID-19-Pandemie von entscheidender Bedeutung. Sowohl Entscheidungsträger als auch die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung in den von uns untersuchten Ländern setzen große Hoffnungen in die COVID-19 Impfung.

Auf der Grundlage qualitativer Interviews vom Oktober 2020 untersucht diese Studie die antizipierten Erwartungen, Hoffnungen und Ängste der Menschen in Bezug auf die COVID-19 Impfung in sieben europäischen Ländern: Österreich, Belgien, Deutschland, Irland, Italien, die deutschsprachige Schweiz und das Vereinigte Königreich. Zum Zeitpunkt der Studie befanden sich COVID-19 Vakzine noch in Entwicklung.

Wir stellen fest, dass die Einstellung zu COVID-19-Impfstoffen von eigenen Erfahrungen mit früheren Impfungen geprägt ist. Es wurden fünf Positionen sichtbar: (1) Akzeptanz der  COVID-19 Vakzine aufgrund von genereller Akzeptanz von Vakzinen; (2) Akzeptanz von COVID-19 Vakzinen trotz genereller Ablehnung von Vakzinen (z.B. um der Gesellschaft als Ganzes zu helfen, schneller aus der Pandemie zu kommen); (3) Ablehnung von COVID-19 Vakzinen trotz genereller Akzeptanz von Vakzinen (z.B. aufgrund des schnellen Entwicklungs- und Zulassungsprozesses); (4) Ablehnung von COVID-19 Vakzinen aufgrund von genereller Ablehnung von Vakzinen. Eine fünfte Gruppe von Teilnehmenden war sich noch unsicher, wie sie zu COVID-19 Vakzinen stehen würde.

Die Teilnehmenden verbanden viel Hoffnung, aber auch Ängste mit den damals noch nicht zugelassenen COVID-19 Impfstoffen. Viele äußerten die Hoffnung, mit den Vakzinen die Pandemie bald zu beenden und die Restriktionen aufheben zu können. Auch die Hoffnung, sich selbst und das nahe Umfeld vor einer Infektion schützen zu können wurde häufig erwähnt. Andererseits brachten die Teilnehmenden häufig Sorgen bezüglich Nebenwirkungen und Zweifel an der gründlichen Überprüfung der Impfstoffsicherheit und Wirksamkeit zum Ausdruck. Diese Sorge um individuelle Risiken standen oft im Spannungsverhältnis zum kollektiven Nutzen der Impfung, was bei manchen Teilnehmenden zu inneren Konflikten führte.

Unsere Ergebnisse unterstreichen, dass Einstellungen zum Impfen stark vom jeweiligen persönlichen, sozialen und politischen Kontext gefärbt sind, in dem Menschen Erfahrungen mit Impfen machen. Die Einteilung in „Impfwillige“ und „Impfverweigerer“ greift dabei zu kurz. Vielmehr stellen verfügbare Informationen, vergangene Erlebnisse, die Risikowahrnehmung einer COVID-19 Erkrankung für sich selbst und das nahe Umfeld sowie Vertrauen in die Institutionen individuelle Faktoren dar, die die Bewertung von COVID-19 Vakzinen im Wechselspiel mit der sozialen Umgebung beeinflussen.


Diese Studie wurde in englischer Sprache in einer wissenschaftlichen Fachzeitschrift veröffentlicht:

Paul KT, Zimmermann BM, Corsico P, Fiske A, Geiger S, Johnson S,  Kuiper JML, Lievevrouw E, Marelli L, Prainsack B, Spahl W, Van Hoyweghen I. Anticipating hopes, fears and expectations towards COVID-19 vaccines: A qualitative interview study in seven European countries. SSM Qual Res Health 2022; 2:100035.

Picture by Michael Marais (Unsplash.com)